2013/11/13

Bodo #061: Suppenstrudel



Liebes Bodo,

die Helicopter machen mich fertig. Dieses ewige Sodbrennen strengt ungemein an.

Du mußt wissen, ich hab Helicopter in meinem Bauch. Meint meine Alte, weil die Protonenpumpenhemmer schon so lange nicht mehr anschlagen. Ich weiß, was du jetzt denkst ... "Für Flugzeuge war wohl das Budget zu knapp, was? HarrHarrHarrrrrr!".
Erstens: Arschloch! Zweitens: Die Helicopter sind nur ne Vermutung. Natürlich könnte es sich auch um ein Krebsgeschwür handeln, aber ich sterbe schon seit 2011 nicht mehr an Krebs, als ich beschloss, meine Hypochondrie hinter mir zu lassen; diese durch eine freundlichere Religion zu ersetzen.
Beziehungsweise eine ReligionIn.
Ich weiß, dieses Ding mit der antisexistischen Endungslawineritis nervt tierisch. Aber wir Linken reden eben so. Liebe Genossinnen und Genossen, liebe Leserinnen und Leser, liebe Mitmenschinnen und Mitmenschen .... sogar von Führerinnen und Führern war kürzlich die Rede. Ich glaube, in der neuesten Ausgabe der "Graswurzel-Revolution", einer nahezu monatlich erscheinenden Zeitung von Anarchinnen und Anarchen für Anarchinnen und Anarchen, in der eigentlich nur drinne steht, wie supi es ist, Anarchin und Anarch zu sein und warum der Anarchismus die einzig korrekte Lösung einer ansonsten unlösbaren Gleichung ist. Es mag naiv von mir gewesen sein, aber ich hatte mir irgendwie mehr Themenvielfalt erhofft; immerhin befindet sich das Blatt in seinem 42. Jahrgang. 42 Jahre lang ein schrecklich unkritisch anbiedernd Hoch auf Anarchisma und Anarchismus. Grundsätzlich sympathisch, mir persönlich aber zu aufdringlich und verstaubt.
So richtig überzeugte(r) AnarchistIn werd ich in diesem Leben/ in dieser Lebin wohl nicht mehr werden. Da muß man nämlich mit anderen Leuten gleicher Gesinnung in Kommunen leben bei und ich habs nicht so mit Leuten.
Aber ach, ich schweife schon wieder ab, wollte eigentlich über meinen Glauben schreiben.

Es drehen sich Augen in hochmütiger Arroganz und viele lesen bereits angewidert weg. "Großer Diabolo, jetzt fängt er wieder an, über diese dämliche Serie und seine angebliche Vergötterung zu quatschen! Der Gag war von Anfang an nicht lustig!" Schon gut, ich verstehe das. Deswegen ist sie so wichtig, die ZEIT DER LIEBE UND DES LOCKENS FROHER - damit ich nicht nur verstehe, sondern auch verstanden werde.
Liebe muß zelebriert werden, wenn sie etwas bedeuten soll. Die Liebe zur Leserschaft wurde gewürdigt, die Liebe zum Nerdtum, Liebe zum Kontroversen ... ich kann die Liebe zum Göttlichen nicht einfach ausklammern, nur weil es allgemein nicht gut ankommt, offenkundig fiktive TV-Unterhaltung zur Grundlage des eigenen Glaubens zu machen.

Zunächst einmal sei meinen treuen Konsultanten ... und Konsulonkeln ... an dieser Stelle versichert, daß es sich beim heiligen Tardismus keineswegs um einen Scherz handelt.
Jaaaaaa, der dummschwätzende Vollidiot mit dem mickrigen Dauerständer meint die Kacke tatsächlich ERNST!
Ich weiß, was du jetzt denkst ... "Wie kommt nun ein zumindest halbwegs vernunftbegabtes Wesen wie SeinerMeiner auf die Idee, sich auf freiwilliger Basis intellektuell in einem solchen Maße eigenhändig zu degenerieren?"
Erstens: Mega-Arschloch! Zweitens: Die Idee kam mir - wie sollte es anders sein - beim Verfassen eines Bodo-Eintrages. Seinerzeit kam ich zu dem wagemutigen Schluß, daß Religion radikal zu individualisieren sei, solle sie dem täglich Treiben uns aller Friedensnobelpreisträger auf Müttcherchen Erde nicht länger auf gar blutrünstige Weise im Weg stehen. Und das hab ich dann in die Tat umgesetzt. Ganz einfach.

Ich weiß, was du jetzt denkst ... "FICKEN!"

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Um zur Abwechslung ein bissl seriöser zu argumentieren ...
im Grunde unterscheidet sich das, was ich tat, nicht sonderlich von der Entstehungsgeschichte der meisten Religionen.
Irgendein Typ denkt sich ne lustige Geschichte aus, schart eine Menge leichtgläubiger Spinner um sich und überzeugt diese dann von seiner Sichtweise. Auf diese Weise entstanden das Judentum, dessen erfolgreiche Spin-Offs namens Christentum und Islam; auch die polytheistischen Religionen sind nix weiter als ein Sammelsurium vom Spinnereien irgendeines Typen. Oder einer Typin. Oder mehrerer davon. So funktioniert Religion.
Ich kürze dieses Prinzip jetzt ganz einfach um die Phasen 2 und 3 ... keine Spinner umgarnen, keine Hirnwäsche ... und verbleibe bei Phase 1. Dadurch kann ich die Parameter meines Glaubens selbst festlegen, ohne mich am störenden Meinungsschiß anderer orintieren zu müssen, die ständig irgendwas mitgestalten oder in ihrem Sinne umdeuten wollen UND ich störe auch meinerseits niemanden bei Wasauchimmer. Das ist ein großartiges, minimal invasives Glaubenskonzept. Läßt du mich spinnen, laß ich dich auch spinnen. Herrlich.
Richtig aufgehen würde die Rechnung selbstredend erst, wenn möglichst viele Spinner ihre eigene Religion zelebrieren würden, möglichst jeder für sich allein. Auf deise Weise entstünden Millionen, wenn nicht gar Milliarden verschiedener Glaubensrichtungen. Niemand bei klarem Verstand würde bei einer solchen Fülle von Religionen mehr auf den Gedanken kommen, eine davon MÜSSE absolut sein, MÜSSE der Wahrheit entsprechen, MÜSSE alle anderen bekehren, mit Gewalt wenn nötig. Das wäre sinnlos. Und Mangels ausreichend großer Anhängerschaft auch schwer umsetzbar.

Warum dann überhaupt einen Glauben pflegen? Wäre es nicht besser, wenn niemand glauben würde ... wenn es gar keine Religionen gäbe?
Ich denke nicht. Auch der Atheist glaubt. Nämlich daran, daß es keinen Gott gibt. Er muß es glauben, denn er kann es nicht wissen. Die Nicht-Existenz eines Gottes oder einer Göttin nachzuweisen ist ebenso unmöglich wie das Gegenteil.
Auch der Nicht-Glaube aus Glaubensgründen ist eine Religion.
Oder der Glaube daran, die Wissenschaft sei irgendwann in der Lage, dem Leid auf der Welt ein Ende zu bereiten.
Oder der Glaube an die Selbstregulierungseigenschaften des freien Marktes.
Oder der Glaube an das Land, aus dem man stammt. Oder die Familienehre.
Es gibt unzählige Arten von Glaube und Religion, die häufig nicht an solche deklariert sind, deswegen aber nicht von geringerer Wichtigkeit sind, von geringerem Wert für Individuum und Gesellschaft oder von geringerem Überzeugungspotential.
Der Mensch braucht den Glauben, weil er ein Ziel im Leben braucht. Er braucht eine Meinung, die er sich auf Grundlage einer ebenso notwendigen Überzeugung bildet. Nur diese Dinge geben ihm Identität. Ohne kann er zwar existieren, aber kein erfülltes Leben führen. Sich geistig nicht eigenständig entwickeln.
Würde niemand mehr glauben, gäbe es keine Ziele mehr, keine Meinungen, keine Überzeugungen ... alles wäre nur noch egal.
Die Welt wäre möglicherweise friedlicher und gerechter, als sie heute ist, würde dafür aber einen zu hohen Preis zahlen: die Transformation zum erschreckensten Live-Action-Zombie-Film aller Zeiten. Unblutig, stumm, in Gänze ereignislos.
Da gefällt mir mein Lösungsansatz zur postmodernen Kreuzzugproblematik wesentlich besser.
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Warum aber ausgerechnet die TARDIS zum Zentrum der eigenen Religion erheben? Eine heilige Telefonzelle?! Ernsthaft?!?!
Außerdem ist das gute Stück ja die Erfindung eines anderen! Nix mit kreativer Selbstfindung! ALLES NUR GEKLAUT!!!!

Glaube stellt, so wurde es mir von Betroffenen immer wieder erklärt, vorrangig einen Rückzugsort für das Gemüt ... für die Seele ... an tristen Tagen und in schlechten Zeiten bereit. Wenn man sich an jenem dunklen Ort wiederfindet, den man nur über den Pfad ausufernder Verzweiflung erreichen kann, dann ist der Glaube ein "Licht, welches aus dem Dunkel heraus führen kann".
Ich kenne diesen Ort ziemlich gut, war die letzten Jahre regelmäßig dort zu Besuch. Is nich gerade angenehm da drüben. Je länger man bleibt, umso schwerer fällt die Flucht.
Anfangs hatte ich keinerlei Fluchtmittel zur Verfügung, die Verweildauer im Dunkel von Zufall und der Wirksamkeit pharmazeutischer Erzeugnisse bestimmt.
Und dann lernte ich irgendwann die TARDIS kennen. Auf Pro7. Schlimm genuch.
Seither hab ich, Wenns mir richtig dreckig ging ... anfangs von mir selber unbemerkt ... Nächte auf YouTube um die Ohren geschlagen, einzig und allein um mir altbekannte "Doctor Who"-Clips reinzupfeiffen. War nich geplant, passierte ganz automatisch. Eine Art unterbewußtes Bedürfnis nach "Medizin". Saß stundenlang da und hab über die schlechten Witze des Doctors gelacht, bei seinen schweren Momenten wie ein Kleinkind geheult ...... ein Ventil für emotionale Druckluft jedweder Ausrichtung, das ist für mich der Doctor.

Also, er WÄRE es, aber ich habs nicht so mit Leuten. Leute sind mir zu .... menschlich. Wenns mir darum gegangen wäre, Menschlichkeit in den Mittelpunkt meines Glaubens zu rücken, hätt ich auch real existente Personen wählen können. Die heilige Gaby zum Beispiel. Hab ich von der schomma erzählt? Die heilige Gaby lag über Jahre hinweg regungslos in der Gegend rum, gelähmt von Kopp bis Fuß ... hat aber während der ganzen Zeit geglaubt und gefrömmelt wie blöd, war dabei auch noch nett, lebensfroh und weise und hatte nen tollen Freund und nen Bekanntenkreis größer als das vereinigte Königreich und hat bei jedem den sie traf einen bleibenden Eindruck hinterlassen ... besonders natürlich, nachdem sie sich heroöslich per wundersamer Selbstheilung ins aktive Leben zurück geturnt hat ..... sie gab allen um sie herum ein gutes Gefühl, wurde respektiert und angehimmelt ... alles, was ihr fehlte, war der verschissene Heiligenschein ..........
solche Menschen sind prädestiniert für religiöse Führung oder zumindest ebensolche Anbetung. Die heilige Gaby, ein verfickter Engel, ich schwörs!!!

Aber, wie bereits mehrfach erwähnt .... ich habs nich so mit Leuten. Auch nich mit Engeln.

Ich mag dafür alte, gütige, mysteriöse Kreaturen aus anderen Welten .... die KEINE Telefonzellen sind, sondern nur aussehen wie KEINE Telefonzelle!
Die TARDIS tut mir gut. Sie ist eine der wenigen Dinge, die mir im Moment gut tun. Warum also das berüchtigte fliegende Spaghettimonster neu ersinnen, wenn die Police Box steht zum Fluge über dunkle Orte stets bereit?


Und wennde die TARDIS irgendwann über hast? Wennde se nichmehr sehn kannst?

Dann konvertiere ich. :)
Aber dazu wird es so schnell nicht kommen.

Ich meine, HEY, ganz im Ernst, guck dir diesen Screenshot aus dem neuen Trailer zum 50. Jahrestag des Doctors an!




Guck! GUCK!!!!
Da hängt die TARDIS ... an einem HELICOPTER!!!! HELICOPTER!!!!!!!! Wie die, die ich grad im Bauch hab! WENN DAS KEIN ZEICHEN VON SEXY IST, FREß ICH MEINEN FEZ!
Und unten an der TARDIS baumelt der Doctor. Als sei dies Bildnis eine Art tardistischer Dreifaltigkeit ... die Göttin als Bindeglied zwischen ihrem Propheten und ... mir. ICH BIN DER HELICOPTER! NUUUUUUUR ICH!!! Niemand sonst paßt in dieses Gleichnis.




Is das nich außergewöhnlich? Phänomenal??
Geradezu ... göttlich???
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Darauf ne Plauze!

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