2012/03/29

Bodo #020: Gesinnungsköter



Liebes Bodo,

wäre mein Musikgeschmack ein Hund, er würde wohl als "ordinäre Straßenmischung" gelten. Ich vermag mich dessen nicht aufrichtig zu schämen, sind mir doch Straßenköter immer schon lieber gewesen, als überzüchtete Rasseviecher, die eine Menge Kohle kosten, von den gleichen Fell-, Haut- und Darmparasiten befallen werden wie normale Mischlinge auch und noch nicht mal stubenrein auf die Welt kommen, geschweige denn rhetorisch oder sonstwie kulturell begabt. Statussymbol sind Solche, sollen weniger sich als ihre Besitzer zu etwas Besonderem hochstilisieren, erreichen dabei gerade deswegen genau das Gegenteil, sie diskreditieren, kategorisieren, Diese Welt wird erst dann ein Ort des Friedens und flächendeckenden, dauerhaften Wohlstandes sein, wenn alle ihre Kreaturen Mischlingswesen sind.

Was, zugegebenermaßen, ein überaus unnatürlicher Zustand wäre.

Sehr viel mehr als für meinen akkustischen Straßenköter, der mir im Moment gerade mit "Smooth Criminal" in der Interpretation von "Alien Ant Farm" in den Ohren liegt, schäme ich mich für meine latent, aber hartnäckig vorhandene Neigung, gegen alle Gesetzmäßigkeiten der Wissenschaft, wider Verstand und Bildung gewissen esotherischen Elementen gegenüber zeitweise anfällig sein zu können.

Insbesondere der Geisterwelt fühle ich mich bisweilen verbunden. Woran mag das liegen?
Taten mir die armen, grün-glibbrigen Ectoplasmatiken einfach leid, immer dann, wenn die überaus unsensiblen "Ghostbusters" mit ihren ach so coolen Sprüchen und streng kapitalistisch geprägten Motiven hinter den stets chancenlos Unterlegenen herjagten, ohne Rücksicht auf Verluste, ohne Einsicht in den beachtenswerten moralischen Grundsatz, daß auf bereits am Boden liegende Geschöpfe - noch mehr am Boden liegender als postmortal ist in meinen Augen schwer realisierbar - nicht weiter einzuprügeln sei?

Nein, das ist wohl nicht der Grund. Ganz im Gegenteil habe ich es sogar genossen, wenn es den fiesen Frechlingen aus dem Nachleben ordentlich an die semitransparente Substanz ging.

Ist es die Überzeugungskraft von Sehern, Mystikern und anderen Scharlatanen, die in Film, Funk und Fernsehn ihre angeblichen, übernatürlichen Begabungen einsetzen, um tränenrührigen Leichtgläubigen hart verdientes Geld aus den Taschen zu angeln?

Wohl kaum. Oder?
Psychologie is ä Bitsch, wie es der Nord-Amerikaner an meiner Stelle ausdrücken würde.
Unsere Denkmuster zu entschlüsseln ist für entsprechend geschultes Personal ein Klacks, statistische Wahrscheinlichkeiten, eine gute Beobachtungsgabe und Menschenkenntnis erledigen den Rest. Obgleich ich mir dieser Tatsachen bewußt bin, komme ich nicht umhin, gelegentlich einen kalten Schauer zu verspüren, wenn unbestritten überaus fähige Betrüger wie etwa Kim-Anne Jannes in auf Youtube veröffentlichten Videoprotokollen dubioser "Fortbildungs-Veranstaltungen" ihr Publikum im Griff hat ... mit eisenharter Überzeugungskraft, die keinen Widerspruch, auch keinen denkbaren, an der Wahrhaftigkeit ihrer Performance zuläßt.
Ist möglicherweise doch was dran an dieser ganzen Geisternummer?
Nur ganz vielleicht? Mini-bissi?
Man kann wahrscheinlich nicht seit frühester Kindheit Sci-Fantasy-Kultur konsummieren, teilweise sogar mitgestalten, ohne eine grundsätzliche Offenheit dieses Thema betreffend aufzuweisen. Als Charakterfehler möchte ich diesen Umstand nicht werten, was bestimmt nicht an der mangelnden Bereitschaft meinerseits liegt, mich mit meinem nachgewiesenermaßen fehlerbehafteten Charakter auseinanderzusetzen. Nein, gerade meine in vertretbarem Maße mangelnde Bodenhaftung ist es, die ich an mir selbst, an den meisten meiner Freunde und Bekannten überaus schätze.
Da muß man auch zu eventuell auftretenden Nebenwirkungen stehen, mit diesen umzugehen wissen.


Meine in diesem Zusammenhang größte Furcht, tief in mir verborgen, unvernehmbar in den Wirren des alltäglichen Lebens, ist nicht die Möglichkeit der Existenz einer Geisterwelt an sich ... nicht die Möglichkeit, es könne ein Jenseits geben, in dem man andere Verstorbene wiedersehen kann ... das wäre sicherlich weitenstgehend unangenehm, aber wahrscheinlich auch irgendwie tröstlich, wenn es denn eines Tages unweigerlich aufs Ende zugeht ...
es ist vielmehr der bleibende Zweifel am tatsächlichen Ende eines Lebens, der mich umtreibt. Die Vorstellung von Unendlichkeit, in welcher Form auch immer ... Unsterblichkeit ...
macht mir Angst.
Denn Unendlichkeit bedeutet ebenso Ausweglosigkeit.


Darauf ne Plauze:







Und nen Köter:




Man riecht sich ... glücklicherweise nicht ...
Dein Samuel

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